Press room – FAZ 2013-06-25

HP Velotechnik in the news: the following text is an excerpt from the German newspaper Frankfurter Allgemeine Zeitung, issue 25.06.2013. We recommend to order the complete magazine from the publishing house to read the whole story.

Ein Elektro-Dreirad mit dem Fahrwerk eines Autos

Warum man sich 30 Zentimeter über dem Boden bei 50 km/h im Scorpion fs 26 S-Pedelec völlig sicher fühlt

 

“Ist das nicht viel zu niedrig?” Mit diesem Satz muss man leben, wenn man sich für dieses Dreirad entscheidet. Es geht gar nicht darum, dass es noch niedrigere Liegeräder gibt, denn immerhin sitzt man auf dem Scorpion fs 26 S-Pedelec von HP Velotechnik in Kriftel je nach Sitz und Einstellung zwischen knapp 30 und über 40 Zentimeter hoch. Aber wenn man sich mit Schaulustigen über die Eigenschaften dieses elektrischen Leichtkraftrads der Klasse L2e (mit Zulassung, Versicherungskennzeichen, Mopedführerschein) unterhält, und das muss man bei jedem zweiten Stopp, begegnet man häufig der Einschätzung: “Zu niedrig für so schnell.”

L2e heißt: Zweispuriges Elektrorad mit einer Motor-Unterstützung bis 45 km/h. Die erreicht man in der Ebene mühelos, und wenn es nur ein wenig abschüssig wird, zeigt der Tacho sofort über 50 km/h an. In Tempo-30-Zonen muss man achtgeben, wenn man sich korrekt verhalten will. Auch längere Steigungen zieht man nach Zurückschalten und unter flottem Mittreten in Tempo 20 hinauf. Jeder Ampelstart ist eine Freude – wenn man niemand vor sich hat, der den vehementen Antritt ausbremst. Im Stadtverkehr “mitzuschwimmen” ist kein Problem. Kurz und gut: Dieses Dreirad zum Basispreis von rund 7000 Euro ist mit seinem 0,5-kW-Hinterradnaben-Motor von GO Swiss schön schnell.

Auf einer hügeligen Landstraßen-Strecke im Hintertaunus wurde trotz der zahlreichen roten Ampeln bei der Durchquerung der Kreisstadt Gießen eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 29, 7 km/h gestoppt. Mit dem Li-Mn-Akku (530 Wattstunden) betrug die Reichweite 54,8 Kilometer bei konstant eingestellter Unterstützungsstufe 2 (von fünf). Zum Gewicht des Fahrers (72 Kilogramm) addierte sich ein zweiter Akku in der Gepäcktasche; das etwas über 31 Kilogramm wiegende Scorpion verkraftet jedoch eine Zuladung von 140 Kilogramm. Dafür gibt es geräumige Spezialtaschen von Ortlieb, die hinter dem Sitz am Gepäckträger befestigt werden. Die mehrstufige Rekuperation des Motors, die man mit einem Knopfdruck zuschalten muss, wurde bei der gemessenen Fahrt nicht genutzt. Auf die ebenfalls auf Knopfdruck bis 20 km/h reichende Schiebehilfe – ein rechter Akku-Auslutscher! – wurde ebenfalls verzichtet.

Mit einem Gelenk im Zentralrahmenrohr ist das Dreirad auf Kofferraumgröße eines Golf Variant (mit umgelegter Rücksitzbank) faltbar. In diesem Zustand ist es dann gerade noch so von einer Person zu handhaben. Falten und Entfalten ist narrensicher; Problemchen ergaben sich daraus, dass das Menschen von 1,62 bis zwei Meter Körperlänge anpassbare Rad nahe der unteren Einstellungsgrenze aufgebaut war. Ein- und Ausschieben des Hauptrohrs des Rahmens aus Aluminium 7005 T6 variiert die Länge des Scorpion 26 zwischen 1,87 und 2,31 Meter. Es hätte sich das Packmaß von 123 ×83 ×62 Zentimeter durch Abnehmen der 20-Zoll-Vorderräder weiter verringern lassen. Aufgebaut passt die Breite des Scorpion durch jede Norm-Tür; der Wendekreis beträgt außen 5,51 Meter.

Dass das Scorpion ein ausgezeichnetes Fahrwerk hat, ist hier aufgrund längerer Erfahrung unter anderem einer 600-Kilometer-Reise schon öfter geschrieben worden. Vorn an den gelenkten Rädern sind es McPherson-Federbeine (60 Millimeter Federweg) und ein Querstabilisator. Hinten stützt sich die für die 26-Zoll-Version mit Elektromotor verstärkte Schwinge auf ein zentrales Federelement mit 80 Millimeter Federweg. Ein am Wochenende vereinsamter Kreisverkehr in einem Industriegebiet diente als Kreisbahn, auf der erlebt werden konnte, welche nicht unerheblichen Kräfte während schneller Kurvenfahrt dieses Fahrwerk wegstecken kann. Die abgeschrägt hochgezogene Insel des Kreisels machte anschaulich, was passiert, wenn das Dreirad nur auf einer Seite abrupt von der Fahrbahnneigung angehoben wird.

Der Aufwand des Fahrwerks (Radstand: 1,28 Meter) dient nicht nur dem Komfort. Der ist so groß, dass beim allerersten überfahren einer Türschwelle die Angst aufkam, der Reifendruck könne nicht stimmen – so weich steckt die Vollfederung diese Stöße weg. Dank des Fahrwerks bleibt das Scorpion auch dann voll kontrollierbar, wenn man mit höherer Geschwindigkeit unversehens auf holprigen Untergrund gerät, eine enge Kurve durchfahren muss oder heftig mit den Scheibenbremsen verzögert. Hierbei taucht das Rad dank seiner Vorderachskonstruktion nur sehr wenig ein. Ausgesprochen laufruhig, spurstabil und bequem, das ist der Eindruck, den das Scorpion mit dem 26-Zoll-Hinterrad beim Fahren macht.

Und wie ist es nun mit der Sicherheit? Gut, es war nicht die erste schnelle Fahrt, bei der man an der Ampel der Fahrerin nebenan in einem Kleinwagen von unten in die Nasenlöcher sehen konnte. Aber der Vorhalt, je schneller ein Liege(drei)rad unterwegs sei, desto unsicherer werde es, ist offenbar falsch. Das niedrige, schnelle, zweispurige Fahrzeug wird respektiert. Autofahrer zögern eher mit dem überholen auf der Landstraße, Abdrängmanöver und fuchtelnde Hinweise auf den (verbotenen) Radweg, die man mit dem schnellen Pedelec ständig erlebt, unterbleiben. Man fühlt sich – sogar bei Dunkelheit mit ausgezeichnetem Fahrlicht – in dem Scorpion fs 26 S-Pedelec ausgesprochen sicher. In, nicht auf, steht hier bewusst: Zwischen den Rädern sitzt man in einem Fahrzeug. Das Scorpion wird nicht geritten. [Hans-Heinrich Pardey]

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